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20 Jahre VDR: Mit Leidenschaft und Fachkompetenz zum Erfolg
Der Verband der Restauratoren (VDR) feiert in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Dieses Jubiläum wollen wir heute würdigen und uns mit verschiedenen Schlüsselereignissen in der Historie des Berufs- und Fachverbands näher beschäftigen – angefangen bei der Gründung im Jahre 2001 über eine schwierige Lagerbildung am Ende der ersten Dekade bis hin zur Initiierung des Europäischen Tages der Restaurierung und zur engagierten Verbandsarbeit während der Corona-Pandemie. Interessante Einblicke lieferten uns das ehemalige Präsidiumsmitglied Prof. Ivo Mohrmann und der amtierende VDR-Präsident Sven Taubert.
Der Gründung des VDR im Jahre 2001 ging eine lange Vorbereitungszeit voraus, die mit der deutschen Wiedervereinigung begann. Denn zuvor beschränkten sich die fachlichen Ost-West-Kontakte vor allem auf Restauratorinnen und Restauratoren, die in Museen, Denkmalämtern und Hochschulen arbeiteten. Andere lernten sich erst jetzt kennen oder trafen sich nach Jahrzehnten wieder. Die Ausbildungswege und die Rahmenbedingungen für die Berufsausübung auf beiden Seiten der Mauer, aber auch innerhalb der BRD und der DDR, waren sehr unterschiedlich. Es bedurfte daher zahlreicher Treffen und mitunter heftiger Diskussionen, um ein gemeinsames modernes, wissenschaftlich fundiertes und vom Handwerk klar abgegrenztes Berufsbild entwerfen zu können. „Letztlich einigten sich die acht in Deutschland aktiven Restauratorenverbände und die Hochschulen mit Restauratorenausbildung aber bereits 1994 auf einen Gesetzesentwurf zum Schutz der Berufsbezeichnung Restaurator. Der erste Vorsitzende des Dachverbandes Gereon Lindlar und die Geschäftsführerin Henriette Kopp-Hessels nahmen diesen Faden auf und koordinierten sehr geschickt die Gesetzesinitiativen, die nun in den einzelnen Bundesländern von den Restauratorinnen und Restauratoren vorzubereiten waren“, erinnert sich Prof. Ivo Mohrmann. Mit der Unterzeichnung des Verschmelzungsvertrags am 3. Februar 2001 und dem Eintrag in das Vereinsregister Berlin-Charlottenburg am 30. April 2001 begann schließlich die eigentliche Geschichte des Verbands der Restauratoren (VDR).
Steigerung der öffentlichen Wahrnehmung
Ab 2003 wurde die 1982 unter dem Titel „Beiträge zur Erhaltung von Kunstwerken“ ins Leben gerufene Fachzeitschrift der ostdeutschen Restauratoren unter dem Logo des VDR als „Beiträge zur Erhaltung von Kunst- und Kulturgut“ weitergeführt. Die zehn von 1982 bis 2002 auf Initiative und unter Leitung von Ingo Timm entstandenen „Beiträge“ knüpften in ihrer hochwertigen Gestaltung an den 1979 erschienenen Ausstellungskatalog „Restaurierte Kunstwerke in der DDR“ an, der an Beispielen konservierter und restaurierter Kunstwerke Probleme und Methoden der Erhaltung von Kunstgut vorstellte. Mit dem Titelwechsel 2003 ging auch eine größere inhaltliche Bandbreite einher: „Die erweiterte Themenvielfalt spiegelt die zahlreichen Fachgruppen des VDR wider. Zunehmend ist es seitdem gelungen, auch ausländische Autorinnen und Autoren zu gewinnen. Aktuell stellt sich die Frage, wie es gelingen wird, die Erscheinungsform stärker an das moderne Leserverhalten anzupassen“, berichtet Prof. Mohrmann.
Ein wichtiger Meilenstein, der dem VDR zu einer größeren öffentlichen Wahrnehmung verhalf, wurde 2006 erreicht. In diesem Jahr wurde der damalige VDR-Präsident Kornelius Götz Teil des Kuratoriums des "KUR – Programm zur Konservierung und Restaurierung von mobilem Kulturgut", einer Initiative der Kulturstiftung des Bundes und der Kulturstiftung der Länder. Dem fünfköpfigen Kuratorium gehörte mit Prof. Dr. Ulrich Schießl außerdem vier Jahre lang ein international bekannter Hochschullehrer, Restaurator und Kunsthistoriker an. „Die 26 ausgewählten Vorhaben zielten darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen freischaffenden und angestellten Restauratoren mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen im In- und Ausland modellhaft zu initiieren und öffentlich darzustellen. Der VDR konnte auf diese Weise das von ihm vertretene wissenschaftliche Berufsbild erproben und qualifizieren. Ich erinnere mich gerne an das Projekt Umbrische Tafelbilder – Restaurierung und Vermittlung, das Mitarbeiter des Lindenau-Museums Altenburg, freischaffende Restauratoren, Studierende und Lehrende mehrerer Hochschulen zusammenbrachte“, sagt Prof. Mohrmann.
Mitgliederaustritte und Lagerbildung: Schwierige Zeiten erfolgreich bewältigt
Von 2007 bis 2011 war Prof. Mohrmann selbst Teil des VDR-Präsidiums. Der Verband durchlebte damals eine nicht ganz einfache Zeit: „Viele Mitglieder bezweifelten damals, ob es dem neu gegründeten Verband überhaupt gelingen würde, an dem mühsam errungenen Berufsbild festzuhalten und traten aus. Der seit 1999 in Gang gesetzte verabschiedete Bologna-Prozess, der auf eine Vereinheitlichung von Studienabschlüssen in Europa abzielte, spaltete die Mitglieder in verschiedene Lager,“ erinnert sich Prof. Mohrmann. Während die Einen den dreijährigen Bachelor als Regelzugang und den Aufbau eines kommerziell ausgerichteten Systems der Fort- und Weiterbildung anstrebten, hielten die Anderen an der mindestens vierjährigen bzw. fünfjährigen Hochschulausbildung mit Master- bzw. Diplomabschluss fest. Von dem 2007 gewählten Präsidium erwarteten die Mitglieder vor allem eine Klärung dieser Frage, ebenso die Weiterentwicklung des fachlichen Austausches und der Außendarstellung des Berufes. „Wir hatten einen dornenreichen Weg vor uns, den wir dank der Unterstützung vieler Vorstands- und Verbandsmitglieder und der Durchführung wichtiger Projekte aber erfolgreich beschritten. 2011, pünktlich zum zehnjährigen Jubiläum, stagnierten die Mitgliederaustritte und in Sachsen-Anhalt war ein Berufsschutzgesetz für Restauratoren erlassen worden.“
Ebenfalls zum zehnjährigen Jubiläum brachte der VDR gemeinsam mit der Fachzeitschrift Restauro eine erfolgreiche Petition zur finanziellen Förderung der Kulturerbeforschung auf den Weg. Die Petition kam 2011 am Rande der Jubiläumstagung des VDR spontan zustande, auf der auch Dr. Paul Bellendorf von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) zu Gast war. Er berichtete darüber, wie die DBU die Forschungsgelder für den Bereich der Konservierungs- und Restaurierungswissenschaften in Deutschland vergibt und dass dafür Gelder aus den EU-Forschungsprogrammen benötigt werden. „Alle Teilnehmenden waren entsprechend erschüttert, dass für die Kulturerbeforschung im EU-Rahmenprogramm Horizon 2020 keine weiteren Gelder bereitgestellt werden sollten. Denn das hätte bedeutet, dass in Deutschland ein großer Teil an Restaurierungsforschung und an Entwicklungen von Untersuchungs- und Konservierungsmethoden nicht mehr möglich gewesen wäre,“ erklärt Sven Taubert. Noch auf der Tagung griffen Dr. Alexandra Schieweck aus dem VDR-Präsidium und Patricia Brozio von der Redaktion Restauro daher zu Stift und Papier und brachten eine Online-Petition auf den Weg, die tausendfach unterzeichnet wurde. „Heute ist der VDR sehr froh, dass dutzende Projekte zum Kulturgüterschutz über Horizon 2020 realisiert werden konnten und im Nachfolgeprogramm Horizon Europe (2021-2027) Kulturerbeforschung, Konservierung und Restaurierung erneut enthalten sind. Von den Forschungsergebnissen, die auch über die Abschlussberichte bei der DBU öffentlich einsehbar sind, profitieren wir alle langfristig und vor allem auch das Kulturerbe, das immer stärkeren Umwelteinflüssen ausgesetzt ist“, so Taubert.
Gemeinsam stark: Tag der Restauratoren und Zusammenarbeit mit E.C.C.O.
Der 9. Restauratorentag im Jahre 2015 stand aufgrund des anstehenden 500-jährigen Reformationsjubiläums unter besonderen Vorzeichen. Der Tag wurde deshalb von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM) unterstützt und erstmals konnte der VDR gemeinsam mit der BKM ein Förderprojekt umsetzen. Die Zusammenarbeit mit politischen Akteuren konnte seitdem stetig ausgebaut werden, indem sich der VDR diesbezüglich personell aufstellte. „Seit 2013 haben wir eine feste Pressestelle und seit 2019 auch einen berufspolitischen Referenten in Berlin. Nach meiner Einschätzung hat die Zusammenarbeit mit den Vertretern und Vertreterinnen aus der Politik aber auch noch starkes Entwicklungspotential was die gemeinsam zu entwickelnden berufspolitischen Themen anbelangt: Soziale Absicherung selbstständig tätiger Kolleginnen und Kollegen, leistungsgerechte Vergütung im öffentlichen Dienst und bei werkvertraglichen Verhältnissen mit öffentlichen Auftraggebern sowie dringende Fragen der Qualitätssicherung durch Gesetze zum Berufstitelschutz seien hier als Schlagworte genannt“, fasst Taubert zusammen.
Seit 2003 ist der VDR Teil des Europäischen Dachverbands der Restauratorenverbände (E.C.C.O.) und seither auch das zahlenstärkste Mitglied. Über die Jahre intensivierte sich die Zusammenarbeit immer stärker und 2016 folgte E.C.C.O. dem Aufruf des VDR, das 25-jährige Bestehen in Berlin zu feiern. „Dr. Cornelia Weyer und Mechthild Noll-Minor leisteten viel Grundlegendes und gaben so für die Folgejahre wichtige Orientierung. In diesen Jahren entstanden die Berufsrichtlinien und es wurden die Kompetenzen für den Zugang zum Beruf des Konservator-Restaurators definiert. Aktuell ist Anja Romanowski unsere Beauftragte und zugleich Generalsekretärin von E.C.C.O. In ihrer Amtszeit hat E.C.C.O. den Beobachterstatus im Europarat erhalten und der Europäische Tag der Restaurierung wurde aus der Taufe gehoben. Mit dem neuen Aktionstag wollten wir unsere Begeisterung für die Bewahrung des uns anvertrauten Kulturerbes mit den vielen Menschen da draußen teilen und unsere Arbeit zeigen, die ja sehr oft nur im Verborgenen stattfindet. Die Erstausgabe war auf Anhieb ein Erfolg, sodass wir den Tag nun jährlich feiern – das nächste Mal am 10. Oktober 2021.“, erläutert Taubert. Außerdem sind E.C.C.O. und VDR nun auch Teil des EU-Projekts CHARTER, das beide Verbände in den kommenden vier Jahren mit den anderen europäischen Akteuren noch enger zusammenwachsen lassen wird.
Ein denkwürdiges Jahr: Die denkmal 2018 und das Europäische Kulturerbejahr
Ein besonderes Highlight für Sven Taubert ist die denkmal, für die er bereits seit vielen Jahren in die Organisation des VDR-Messeauftritts involviert ist. „Wir schätzen an dieser größten europäischen Fachmesse die zahlreichen Optionen der fach- und materialübergreifenden Vernetzungsmöglichkeiten mit Dienstleistern, Produktanbietern, Ratsuchenden und Ratgebenden sowie Entscheidungsträgern aus dem privaten und öffentlichen Bereich. Speziell für die Restaurierung ist es wichtig, auf der denkmal auch die Vertreter der Hochschulen zu finden, an denen Restauratorinnen und Restauratoren ausgebildet werden und gleichsam wertvolle Forschung betrieben wird“, berichtet Taubert. Für ihn persönlich war vor allem der VDR-Auftritt im Jahre 2018 ein denkwürdiges Ereignis: „Hier konnte das Organisationsteam der VDR-Geschäftsstelle um etliche Kolleginnen und Kollegen aus den Fachgruppen erweitert werden und somit einen facettenreichen VDR-Stand gestalten. Mehrere Fachgruppen präsentierten sich zeitgleich und es konnten Sondertechniken wie zum Beispiel die Laserreinigung in der Öffentlichkeit zur Schau gestellt werden. Ganz besonders gefreut hat mich, dass die Restauratoren in der Ausbildung über alle Messetage hinweg zur Verfügung standen und das junge Messepublikum über berufliche Orientierung und Möglichkeiten zur Ausbildung aufklärten.“
2018 war gleichzeitig das Europäische Kulturerbejahr, an dem sich der VDR ebenfalls mit zahlreichen Aktionen beteiligte. „Ich empfinde eine große Dankbarkeit gegenüber allen beteiligten VDR-Kolleginnen und -Kollegen, die sich hier engagiert und ideenreich eingebracht haben. Ihnen gilt mein größter Respekt und meine Anerkennung, denn sie haben damit restauratorische Arbeit und die Leistung der Menschen dahinter für die Öffentlichkeit erlebbar gemacht. Der VDR als Fachverband hat dadurch erhebliche Anerkennung und Sichtbarkeit erfahren,“ so Taubert. Sein persönlicher Favorit unter den vielen Aktionen war die Tagung „Natur und Kultur im Spannungsfeld – Symposium zur Siebenbürgischen Kirchenburgenlandschaft“ – ein Thema, an dem sein Herz hängt, da er maßgeblich das Zustandekommen des gemeinsamen deutsch-rumänischen Symposiums forciert und mit koordiniert hat. Über 80 Fachbesucher sowie hochkarätige und engagierte Fachreferenten aus Rumänien und Deutschland aus Lehre, Forschung, Landschaftsschutz, Restaurierung, Denkmalpflege, Archäologie und Bauforschung machten den Kongress zum Start eines zukunftsweisenden, interdisziplinären Austauschs.
Corona: Schwierige Zeiten für Restauratoren, intensivere Verbandsarbeit
Vor besondere Herausforderungen wurde der VDR im vergangenen Jahr gestellt, als die Corona-Pandemie im Frühjahr Deutschland erreichte und innerhalb kürzester Zeit für zum Teil massive Einschränkungen sorgte. Schnelles Handeln war gefragt: „Wir haben unmittelbar einen Arbeitsschwerpunkt auf Recherche und möglichst zeitnahe und dichte Information unserer Mitglieder bezüglich wirtschaftlich-existentieller Fragen aus Politik und Wirtschaftsförderung gelegt. Sehr bald folgte eine Umfrage zur Lage der im VDR organisierten Restauratorinnen und Restauratoren deutschlandweit“, erzählt Taubert. Die Umfrage ergab, dass viele Mitglieder mit einem Umsatzrückgang von bis zu 30 Prozent zu kämpfen hatten und sich die Mehrwertsteuersenkung nicht positiv auf die Auftragslage auswirkte. „Die Coronazeit hat gezeigt, wie fragil das Geschäftsmodell von Restauratorinnen und Restauratoren ist, wie anfällig. Die Sozialabgaben und Versicherungen müssen weiterbezahlt werden, auch wenn Aufträge wegbrechen. Ein großes Problem ist, dass die selbstständig Tätigen nicht Mitglied eines Versorgungswerkes oder unterstützender Einrichtungen werden können. Hier ist Verbesserung notwendig“, fasst Taubert die bevorstehenden Aufgaben zusammen. Dennoch kann er der Pandemie auch etwas Positives abgewinnen: „Die Verbandsarbeit selbst hat sich verdichtet und verbessert. Grund dafür ist die verstärkte digitale Vernetzung unserer Mitglieder. Arbeitstreffen, kurze Absprachen, Webinare und sogar Vorstandssitzungen und Tagungen konnten überraschend qualitätvoll in digitaler Form realisiert werden. Ich bedanke mich hiermit explizit bei allen Kolleginnen und Kollegen, die die technische Umsetzung und inhaltliche Ausgestaltung der neu gewonnenen medialen Kommunikationsformen ideenreich unterstützt und umgesetzt haben. Ich blicke auf das Erreichte sehr zufrieden zurück und ermuntere alle bisher nicht beteiligten Verbandsmitglieder zum gemeinsamen Engagement im VDR, das Freude macht und in jedem Fall Bereicherung und Horizonterweiterung bedeutet.“
Wir gratulieren dem VDR ganz herzlich zum 20-jährigen Bestehen und wünschen ihm auch für die Zukunft eine solch beispielhafte Entwicklung, wie sie insbesondere in den letzten zehn Jahren zu beobachten war. Außerdem freuen wir uns natürlich auf viele weitere glanzvolle Messeauftritte auf der denkmal in Leipzig!