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denkmal erkundet…: Die ehemalige Bötzow-Brauerei in Berlin
Inmitten des städtischen Herzens der Hauptstadt erstreckt sich das eindrucksvolle, rund 25.000 m² große Gelände von Bötzow Berlin. Das denkmalgeschützte Areal, dessen Geschichte bis ins Jahr 1864 zurückreicht, war einst die Heimat einer der größten Privatbrauereien Berlins, gegründet von Julius Bötzow. Im Zweiten Weltkrieg fielen das Restaurationsgebäude und die Familienvilla den Bomben zum Opfer. Nach dem Krieg wurden die Produktionsanlagen demontiert, die Firma enteignet und die erhaltenen Brauereigebäude bis 1992 gewerblich genutzt. Seither standen die Gebäude leer. 2011 erwarb der Unternehmer und Geschäftsführer des Medizintechnikunternehmens Ottobock, Prof. Hans Georg Näder, das Gelände und setzte in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro David Chipperfield Architects eine behutsame Entwicklung des Areals unter Beachtung des Denkmalschutzes um. Kerstin Lindstädt, Leiterin des Fachbereichs Denkmalschutz im Bezirksamt Pankow von Berlin, betreute mit ihrem Team die baulichen Maßnahmen an den Bestandsgebäuden der alten Bötzow-Brauerei.
Wenige hundert Meter vom Alexanderplatz entfernt, liegt das Bötzow-Areal, umgeben von einer lebendigen städtischen Wohngegend mit charakteristischen Berliner Gründerzeitbauten. Am Schornstein der alten Brauerei prangt die Losung des ambitionierten Projekts: „Futuring“, ein Werk des Künstlerpaars EVA & ADELE, das eine sich entwickelnde Zukunft symbolisiert und zur aktiven Gestaltung des Standortes ermutigt. Schon 2018 wurde ein bedeutender Schritt in Richtung Revitalisierung des Geländes getan, als die Ottobock Future Labs der Otto Bock Firmengruppe, weltweiter Marktführer für Orthopädie und Prothetik, ihre Räumlichkeiten auf dem historischen Gelände bezogen. Bereits im Jahr 2013 beschloss der Investor Prof. Hans Georg Näder gemeinsam mit dem renommierten Architekten Sir David Chipperfield, ein visionäres Bau- und Sanierungsprojekt zu realisieren: das historische Erbe von Bötzow Berlin zu bewahren und gleichzeitig in die moderne Zeit zu transformieren. „Die Bötzow-Brauerei ist voller architektonischer Schätze, die mich während der Restaurierung beeindruckt haben", berichtet Kerstin Lindstädt. „Die Integration der bauzeitlichen Stützen, Pferdetröge oder der Pferderampe war nicht nur eine Herausforderung, sondern auch Quell der Faszination. Diese und viele andere Elemente gehören zur DNA des Baukomplexes und tragen nicht nur zur Erhaltung des Gebäudecharakters bei, sondern erzählen auch lebendig seine reiche Geschichte.“
Bei dem vom Berliner Büro von David Chipperfield Architects erstellten Masterplan für die Entwicklung von Bötzow Berlin wurden die topografischen Gegebenheiten eingehend berücksichtigt, mit einem besonderen Fokus auf die Erhaltung der historischen Substanz entlang der Saarbrücker Straße und Prenzlauer Allee. „Die enge Zusammenarbeit zwischen Denkmalschutzbehörden, Architekten und Bauherrschaft wurde durch regelmäßige Planungsabstimmungen, Baustellen-Jour Fixes sowie wiederholte Detailabstimmungen gefestigt. Diese strukturierte gemeinschaftliche Herangehensweise legte den Grundstein für eine besonders effektive Zusammenarbeit, die wegweisend und inspirierend für zukünftige Projekte sein sollte", erläutert Lindstädt.
Der Masterplan zielte darauf ab, die ursprüngliche Vision der Verbindung von Arbeit und Vergnügen, Öffentlichkeit und Privatem, wie sie einst durch die alte Bötzow-Brauerei und ihren Biergarten verkörpert wurde, städtebaulich wiederherzustellen. „Unsere Ziele bei der Restaurierung der Bötzow-Brauerei waren vielschichtig. Es ging nicht nur darum, die Gebäude zu restaurieren, sondern auch um eine zeitgemäße Modernisierung und Instandsetzung. Dabei war es uns wichtig, einen denkmalverträglichen Umbau durchzuführen, der die Geschichte des Gebäudes respektiert und gleichzeitig moderne Nutzung ermöglicht. Wir strebten an, die wertvolle Industriearchitektur zu erhalten und die historischen Kelleranlagen zu bewahren", so Lindstädt. Dabei spielten Materialtests, die Integration von Haustechnik, nachhaltige Energiekonzepte sowie die barrierefreie Erschließung eine entscheidende Rolle. Der Einsatz nachhaltiger Lösungen wie die Wiederverwendung von vorhandenen Materialien erwies sich dabei als kosteneffektiv und effizient. „Die Restaurierung, Instandsetzung und Modernisierung der Bötzow-Brauerei stellte uns vor Herausforderungen. Eine zentrale Hürde war die komplexe Bauphysik, insbesondere bei der Umgestaltung der Räumlichkeiten für eine Büronutzung sowie einen Fitnessbereich im Keller. Die Sicherstellung der Barrierefreiheit – besonders auch für den Medizin-Campus des Prothesenherstellers Ottobock – und die Anpassung der Rettungswege und Treppenhäuser waren weitere bedeutende Aufgaben, um Sicherheit zu gewährleisten. Diese Anforderungen machten eine sorgfältige Planung und Umsetzung erforderlich, um die historische Substanz der Gebäude zu erhalten und gleichzeitig den Anforderungen an eine moderne Nutzung gerecht zu werden“, berichtet Lindstädt.
Die denkmalgerechte Sanierung der historischen Brauereigebäude wurde 2021 abgeschlossen. Neubauten ergänzen das Ensemble. Das Richtfest der ersten beiden Neubauten im letzten Jahr auf dem Bötzow-Areal war ein feierlicher Meilenstein. Insgesamt entstehen drei neue Gebäude. „Der Erfolg des Projekts trägt zur Reputation der Denkmalpflege bei und wirkt sich langfristig positiv auf die Öffentlichkeit aus. Wir zeigen, dass Denkmäler auf nachhaltige Weise energetisch saniert und barrierefrei umgestaltet werden können. Die Bötzow-Brauerei ist ein Beispiel für Ressourcenschonung. Dieser Ansatz ist wesentlich für die Zukunft der Denkmalpflege und sollte weiterhin vermittelt werden. Die gelungene Zusammenarbeit aller Beteiligten und die Resultate dieses ehrgeizigen Projekts können als Inspiration für weitere Denkmalschutzvorhaben dienen, ebenso für die kontinuierliche Weitervermittlung von Geschichte und kulturellem Erbe“, unterstreicht die Denkmalschützerin.