7. - 9. November 2024 denkmal

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07.08.2024 denkmal

denkmal international…: Zouhair Bennani zur marokkanischen Messe-Präsenz

Als erstes afrikanisches Land überhaupt wird Marokko in diesem Jahr auf der denkmal vertreten sein. Die Europäische Leitmesse für Denkmalpflege, Restaurierung und Altbausanierung wird damit noch internationaler. Federführend bei der Planung des marokkanischen Gemeinschaftsstands ist Zouhair Bennani, der unter anderem stellvertretender Generalsekretär von ICOMOS MAROC ist. Wir haben mit ihm über die Bedeutung der denkmal und die marokkanische Beteiligung gesprochen. Im Interview erklärt Bennani auch, warum gerade nach dem verheerenden Erdbeben von 2023 die Messeteilnahme so wichtig ist.

Redaktion: Herr Bennani, Sie haben die denkmal im Jahr 2022 besucht. Nach der Rückkehr mit vielen Eindrücken und Kontakten entstand die Idee, dass Marokko sein reiches kulturelles Erbe auch auf der Messe in Leipzig zeigen sollte. Welche Bedeutung hat das für Sie auf beruflicher und persönlicher Ebene?

Zouhair Bennani: Ich kam 2022 auf Einladung meines lieben Freundes Manfred Fahnert nach Leipzig zur denkmal. Manfred liebt Marokko und ist ein leidenschaftlicher Künstler, der sich mit der Bearbeitung und dem Umgang mit Lehm zu Bauzwecken beschäftigt. Er plant die Gründung der "Atlas Chantiers", einer Lehmbauschule in Agdz, wo er eine historische Kasbah aus Lehm restauriert und einen Anbau mit Praktikanten aus aller Welt errichtet. Austauschprojekte dieser Art finden bereits seit über zwei Jahrzehnten statt.

Gemeinsam trafen wir Barbara Barzi, die eine besondere und enge Verbindung zu Essaouira hat, eine maurische Hafenstadt, die zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde, Musikfestivals veranstaltet und mehrere Kunstgalerien beherbergt. Als Ingenieur und Experte für die Diagnose und Restaurierung des historischen Erbes in Essaouira war ich an der Restaurierung mehrerer Gebäude und Denkmäler beteiligt, die als historisches Erbe eingestuft wurden, wie die Sqala du Port, die Portugiesische Kirche, das Museum Bab Marrakech, die Medina von Essaouira und mehr. Außerdem habe ich an mehreren symbolträchtigen historischen Denkmälern in den Königsstädten Marokkos gearbeitet: Fes, Rabat, Salé, Marrakesch, El Jadida, Casablanca, Tanger, Tetouan (die Liste der behandelten Denkmäler ist umfangreich).

Durch unsere Expertise haben wir ein Trio gebildet und gemeinsam die letzte denkmal besucht – der Austausch mit den Ausstellern und gemeinsamen Freunden, die sich für das Kulturerbe und das Bauen mit Lehm begeistern, war sehr intensiv und die Kontakte sehr herzlich. Es entstand die Idee, auf der denkmal 2024 den Reichtum des historischen Erbes Marokkos und die althergebrachten Techniken des Lehmbaus zu präsentieren. Bezüglich der beruflichen und persönlichen Bedeutung dieser Veranstaltung: Für mich sind der berufliche und der persönliche Umgang miteinander verschmolzen, die Leidenschaft ist mehr als ein Beruf.

Ein Faktor war außerdem, dass Marokko am 8. September 2023 ein Erdbeben der Stärke 6,9 in Ighil in der Provinz Haouz erlebte, was zu sehr schweren Schäden an mehreren historischen Gebäuden und Bauwerken in mehreren Gebieten der umliegenden Regionen führte. Als Fachmann für Diagnostik und Spezialist für die Restaurierung von Kulturerbe möchte ich Partnerschaften mit deutschen Fachleuten eingehen, um gemeinsam an der erdbebensicheren Restaurierung der beschädigten Gebäude und dem Wiederaufbau der zerstörten Häuser mit lokalen Materialien unter Einhaltung der Bauvorschriften und der marokkanischen Tradition und Kultur mitzuwirken.

Redaktion: Zur Vorbereitung der Teilnahme an der diesjährigen Messe gab und gibt es zahlreiche Treffen, Absprachen und Diskussionen in den Ministerien, auch mit der Botschaft und der Außenhandelskammer. Was wird derzeit vorbereitet? Auf welche Themen können die Besucher der Messe hoffen?

Zouhair Bennani: Als besagtes Trio Barbara-Manfred-Zouhair haben wir uns als interkulturelles Komitee unter der Ägide der denkmal in Bewegung gesetzt. Wir haben seit Juli 2023 den Austausch mit den von der Thematik des Kulturerbes betroffenen Institutionen, Fachleuten aus dem Bereich der Restaurierung und Erhaltung des Kulturerbes sowie Akteuren, Unternehmen und Spezialisten für Bautechniken mit lokalen Materialien aufgenommen, um die Teilnahme Marokkos an der denkmal 2024 zu verwirklichen.

Das erste professionelle Unternehmen aus dem Bereich des Kulturerbes, das sich dem interkulturellen Team angeschlossen hat, ist: G3C. Das Unternehmen ist Marktführer im Bauwesen in Marokko und hat im Auftrag des Staates erfolgreich mehrere Projekte zur Restaurierung von Kulturgütern durchgeführt, darunter die Villa Carl Ficke (1910 in Deutschland ansässiger Kaufmann) und das Hotel Lincoln in Casablanca, das Cervantes-Theater, die Plaza Toro und die Villa Harris in Tanger sowie mehrere typische Kasbahs im Süden Marokkos.

Als stellvertretender Generalsekretär von ICOMOS MAROC habe ich mich für die marokkanische Präsenz in Leipzig eingesetzt – zusammen mit meinem Kollegen haben wir uns bei einer Vorstandssitzung einstimmig für die Teilnahme an der denkmal als prestigeträchtige Veranstaltung für den Erhalt des Kulturerbes entschlossen. In diesem Zusammenhang wurden Einladungsschreiben an die verschiedenen Behörden und Ministerien gesandt, um sie zur Teilnahme und Unterstützung dieser Veranstaltung zu bewegen.

Das Büro von ICOMOS MAROC entschied sich anschließend für die Ecole Nationale d'Architecture (ENA) de Marrakech als Partner für die Organisation dieser Veranstaltung. Der erste gemeinsame Workshop fand im Mai 2023 in der ENA in Marrakesch statt und erfreute sich einer regen Beteiligung der verschiedenen Akteure, darunter Architekten, Ingenieure, Historiker, Archäologen und Unternehmen, mit einer starken Vertretung von Handwerkern aus Marrakesch.

Das geplante weitergehende Workshop-Programm wurde aufgrund des Erdbebens in der Region Al Haouz am 8. September 2023 vorübergehend ausgesetzt und ICOMOS hat den dringenden Maßnahmen Vorrang eingeräumt, um einen effektiven Beitrag in den betroffenen Gebieten zu leisten. Trotz dieser Situation haben wir im Rahmen des Interkulturellen Komitees die Vorbereitungen für die denkmal fortgesetzt, indem wir direkte Kontakte zu Unternehmen und Berufsgruppen aufgenommen haben, die an der Ausstellung des marokkanischen Stands teilnehmen möchten.

Die Deutsche Handelskammer, Verbände und Berufsverbände aus dem Baugewerbe sowie Rotary Marokko, dessen Präsident aktuell ich bin sowie der Club Florida wurden angesprochen, um bei den Vorbereitungen des Standes und der Zusammenstellung der marokkanischen Delegation für die denkmal mitzuwirken.

Aktuell erwarten wir drei Arten von marokkanischen Teilnehmern in Leipzig: Aussteller wie etwa Experten und Ingenieurbüros, Kontroll- und Prüfunternehmen und Bildungseinrichtungen, wissenschaftliche Referenten und interessierte Besucher. Für das Fachprogramm haben wir fünf Hauptthemen vorgesehen:

- Kulturerbe und Lehmarchitektur in Marokko

- Wiederaufbau und Restaurierung des Kulturerbes nach dem Erdbeben vom 8. September in Al Haouz

- Beispiele für die Aufwertung des Kulturerbes durch neue Nutzungsarten

- Aufwertung lokaler Materialien und Innovationen/Bedürfnisse

- Lehmbauvorschriften im Kontext von Erdbebenrisiken/Wissenstransfer

Redaktion: Marokko ist das erste afrikanische Land, das sich auf der denkmal präsentiert. Welche Erwartungen haben Sie und die teilnehmenden Unternehmen/Institute an Ihren Messeauftritt in Leipzig?

Zouhair Bennani: Marokko ist aufgrund seiner geografischen und strategischen Lage, seiner langen Geschichte und seiner historischen Denkmäler ein Kreuzungspunkt der Zivilisationen und bietet eine große historische und kulturelle Vielfalt sowie ein großes Kulturerbe, einschließlich verschiedener traditioneller Bautechniken und Stile mit spezifischen Ornamenten der marokkanischen Dynastien.

In der Ansprache seiner Majestät König Mohammed VI, vom 14. September 2023 nach dem Erdbeben wurde die Bedeutung des Erhalts des historischen Erbes und insbesondere des Wiederaufbaus von Dörfern mit lokalen Materialien unter Wahrung der authentischen kulturellen Identität der betroffenen Regionen hervorgehoben.

In diesem Sinne sind die marokkanischen Fachleute aufgerufen, die hohen königlichen Richtlinien in Übereinstimmung mit den marokkanischen Vorschriften umzusetzen und die Betriebssicherheit der Bauwerke und Konstruktionen aus lokalen Materialien in den betroffenen Regionen zu gewährleisten.

Letztlich wünschen wir uns eine Verschmelzung des marokkanischen und deutschen Know-hows, sowohl traditionell als auch technologisch, um angemessene und sichere Lösungen für Projekte zur Restaurierung des marokkanischen Kulturerbes anzubieten und mit dem wachsenden weltweiten Trend zur Förderung nachhaltiger ökologischer Bauweisen im Einklang mit der Umwelt Schritt zu halten.

v.l.n.r. Manfred Fahnert, Barbara Barzi, Zouhair Bennani | Foto: Leipziger Messe
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