News

News

12.02.2024 denkmal

denkmal trifft…: Den Landeskonservator in Bremen, Prof. Dr. Georg Skalecki

In unserer Rubrik „Denkmalschutz in Deutschland“ sprechen wir mit den deutschen Landeskonservatorinnen und Landeskonservatoren. Dabei beleuchten wir ihre Arbeit, die aktuelle Lage in den jeweiligen Bundesländern sowie die bedeutendsten Herausforderungen. In dieser Ausgabe präsentieren wir ein Interview mit Prof. Dr. Georg Skalecki, Landeskonservator in Bremen. Im Rahmen unserer Unterhaltung erörtert er unter anderem die aktuellen Herausforderungen der Denkmalpflege in Bremen und gewährt anlässlich des Bestehens der denkmal über drei Jahrzehnte einen kleinen Einblick in die vergangenen 30 Jahre seines Wirkens.

Redaktion: Herr Professor Skalecki, wie ist die gegenwärtige Situation der Denkmallandschaft in Bremen? Welche aktuellen Herausforderungen beschäftigen Sie hier besonders?

Prof. Dr. Georg Skalecki: Die gegenwärtige Lage in Bremen reflektiert den landesweiten Wandel der Innenstädte in Deutschland, der insbesondere in den Metropolen deutlich spürbar ist. Die Geschäftswelt und der Verkehr erleben gegenwärtig Veränderungen. Der Fokus liegt auf der Entwicklung einer klimagerechten Stadt. Dies stellt eine besondere Herausforderung für den historischen Bestand der Städte dar. In diesem Kontext verfolgen wir sehr aufmerksam die Überlegungen zur Umgestaltung innerhalb der historischen Innenstadt Bremens. So soll ein Parkhaus – kein Denkmal – einer Umnutzung unterzogen werden, was bedeutende Eingriffe in die Stadtstruktur mit sich bringt. Dies sind derzeit zentrale Anliegen, die unsere Aufmerksamkeit beanspruchen.

Eine Debatte, die bis vor Kurzem äußerst intensiv geführt wurde, betraf die mögliche Errichtung von Hochhäusern in der Innenstadt. Durch geschicktes Handeln und überzeugende Argumentation konnten wir erfolgreich verhindern, dass das Ensemble der vier bis zu 98 Meter hohen Hochhäuser nach Plänen des amerikanischen Architekten Daniel Libeskind in der historischen Innenstadt von Bremen errichtet wird. Trotz der erheblichen Herausforderungen gelang es uns, die potenzielle Gefährdung der Stadtsilhouette deutlich zu kommunizieren und abzuwenden.

Abschließend möchte ich auf das immer präsenter werdende Thema der Photovoltaikanlagen und erneuerbaren Energien an denkmalgeschützten Gebäuden eingehen. Dies gilt insbesondere für zahlreiche große öffentliche Gebäude mit ausgedehnten Dachflächen. Die verstärkte Aufmerksamkeit für diese Thematik erfordert eine offene Diskussion und einen vertieften Austausch darüber, wie wir diese nachhaltigen Energiequellen angemessen in unsere historische Bausubstanz integrieren können.

Redaktion: Wie gehen Sie mit dem Spannungsfeld zwischen moderner Stadtentwicklung und dem Schutz historischer Bausubstanz um?

Prof. Dr. Georg Skalecki: Die eben genannten Herausforderungen erfordern selbstverständlich eine intensive Diskussion von Alternativen und die konstruktive Mitarbeit an Kompromissen. In diesem Zusammenhang setzen wir uns aktiv dafür ein, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und sicherzustellen, dass die historische Stadt einen zukunftsorientierten Weg einschlägt. Wir sprechen uns nicht grundsätzlich gegen Veränderungen in bestimmten Bereichen aus, setzen jedoch auf eine sorgfältige Entwicklung derselben. Dabei sind wir offen für Kompromisse und streben an, dass diese sinnvoll gestaltet werden. Diese Vorgehensweise ist unumgänglich und wir sind daran interessiert, dass unsere Stadt – das gilt für Bremerhaven, aber für die Stadt Bremen im Besonderen – auch weiterhin ihren hohen Lebensstandard bewahrt und den aktuellen Herausforderungen erfolgreich begegnet, unter anderem durch einen bedachten und schrittweisen Umbau.

Redaktion: Die denkmal feiert in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen. Wenn Sie auf die letzten 30 Jahre Ihrer Arbeit blicken – sowohl bei der Denkmalpflege im Saarland als auch in Bremen – welche Erfolge oder Fortschritte konnten Sie im Laufe der Jahre verzeichnen?

Prof. Dr. Georg Skalecki: Ich erinnere mich lebhaft daran, an der ersten denkmal teilgenommen zu haben, damals bereits im Bereich der Denkmalpflege tätig. Über die vergangenen 30 Jahre haben sich auf bundesweiter Ebene zahlreiche Entwicklungen vollzogen. Ein bedeutender Aspekt, der mir besonders am Herzen liegt, ist die verstärkte Vermittlungstätigkeit seit etwa dem Jahr 2000 im Vergleich zu früher. Die Idee, die Öffentlichkeit aktiv einzubeziehen und für den Wert von Denkmälern zu begeistern, steht dabei im Fokus. Wir nutzen verschiedene Kanäle wie Publikationen, das Internet und sogar Instagram als Instrumente der Öffentlichkeitsarbeit, um Menschen zu erreichen und zum Nachdenken anzuregen.

Besonderes Augenmerk legen wir zudem auf das Engagement für sogenannte „unbequeme“ Denkmäler. In diesem Kontext gibt es in der Stadt Bremen natürlich auch Zeugnisse aus der Zeit des Nationalsozialismus sowie des Kolonialismus, die heute anders bewertet werden. Dennoch spielen sie eine bedeutende Rolle als Dokumentation vergangener Zeiten. Hier setzen wir uns mit großem Einsatz für eine kritische Auseinandersetzung ein. Generell kann zudem noch festgehalten werden, dass Bremen eine bedeutende Industriestadt ist, in der Industrie und Häfen eine zentrale Rolle spielen. In den vergangenen 30 Jahren, insbesondere in den letzten zwei Jahrzehnten, konnten wir im Bereich der Industriedenkmalpflege in Bremen beachtliche Fortschritte verzeichnen.

Redaktion: Als Landeskonservator haben Sie sicherlich vielfältige Einblicke in die Geschichte und den denkmalpflegerischen Reichtum Bremens. Welches Denkmal oder welche historische Stätte fasziniert Sie derzeit persönlich besonders und warum?

Prof. Dr. Georg Skalecki: An dieser Stelle möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass es mir wichtig ist, kein bestimmtes Denkmal hervorzuheben, da sich dies ständig verändert. Diejenigen Denkmäler, um die wir uns aktuell besonders bemühen, liegen natürlich immer im Fokus. Ein kontinuierliches Projekt von großer Bedeutung ist unser Weltkulturerbe – das Rathaus und der Roland. Aktuell arbeiten wir an der Entwicklung eines Konzepts für ein Besucherzentrum, das dem Welterbe gewidmet ist. Die Sanierung und Pflege dieser Denkmäler sind ständige Aufgaben, wodurch das Rathaus eine gewisse Faszination auf mich ausübt.

Gleichzeitig hege ich eine besondere Leidenschaft für die Technik- und Industriekultur, wobei einige markante Denkmäler in Bremen zu nennen sind. Ein persönliches Highlight ist die Getreideverkehrsanlage, einer der größten Backsteinbauten weltweit. Diese imposante Getreideumschlagsanlage wurde vor einigen Jahren unter Schutz gestellt – im laufenden Betrieb. Sie ist eine beeindruckende Landmarke und ein technisches Meisterwerk. Ein weiteres Meisterwerk stellt für mich auch der Sendesaal von Radio Bremen dar, der ein wahres Akustikwunder ist.

Seit fast zwei Jahrzehnten diskutieren wir auch über die Umnutzung des großen Wasserturms am Rande der historischen Innenstadt. Nach vielen kontroversen Verhandlungen scheinen wir nun langsam zu einer Lösung zu kommen. Diese Objekte bewegen mich und sind Ausdruck unserer kontinuierlichen Bemühungen um den Erhalt und die sinnvolle Nutzung unserer wertvollen Denkmäler.

Das Rathaus von Bremen / Foto: Prof. Dr. Georg Skalecki
Zurück zu allen Meldungen