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13.09.2024 denkmal

denkmal trifft… Simon Matzerath, Leiter des Landesdenkmalamts Saarland

In unserer Rubrik „Denkmalschutz in Deutschland" sprechen wir mit herausragenden Persönlichkeiten des deutschen Denkmalschutzes. Diese Gespräche bieten Einblicke in die Arbeit, die gegenwärtige Situation in den verschiedenen Bundesländern und die bedeutendsten Herausforderungen. Wir freuen uns, Ihnen in dieser Ausgabe Simon Matzerath, den Amtsleiter des Landesdenkmalamts Saarland vorzustellen. Im Gespräch geht es nicht nur um den Umgang mit Hochwasser, wie es im Frühjahr das Saarland traf, sondern auch um die Debatte Abriss oder Bestandserhaltung mit Blick auf die aktuellen Schlagzeilen um das geschützte Finanzamt in Saarbrücken.

Redaktion: Herr Matzerath, schwere Unwetter haben das Saarland in diesem Jahr getroffen und damit auch Baudenkmäler in Mitleidenschaft gezogen. Wie sieht die Situation einige Wochen nach dem Hochwasser aus und welche Denkmäler oder Regionen waren besonders stark betroffen?

Simon Matzerath: Betroffen vom Hochwasser waren vor allem die Altstädte von Ottweiler und Blieskastel, in denen etliche Keller vollgelaufen waren. Das Landesdenkmalamt hat unmittelbar nach den ersten schweren Unwettern Handlungsempfehlungen erarbeitet und veröffentlicht und erste Hilfestellungen angeboten, die auch von Denkmaleigentümern in Anspruch genommen wurden.

Redaktion: Extreme Wetterereignisse nehmen spürbar zu - wie gehen Sie als Landesdenkmalamt damit um und was können Betroffene in denkmalgeschützten Gebäuden tun, um sich für solche Ereignisse vorzubereiten?

Simon Matzerath: In vielen Kommunen setzt durch die extremen Wetterereignisse ein Umdenken ein. Es werden u.a. Barrieren errichtet und an Wasserläufen neue Rücklaufflächen geplant. Das sind teilweise komplexe Prozesse, deren Umsetzung Zeit bedarf und nicht immer von heute auf morgen zu leisten ist. Bei einzelnen Denkmalen erprobt man mittlerweile verschiedene hochwasserpräventive Maßnahmen wie automatische Hochwasserschotts, deren Verträglichkeit mit dem Denkmalschutz jedoch oft eine Herausforderung darstellt. Vielfach fehlt es hierbei auch noch an Erfahrungen, Innovationen bei Einzelmaßnahmen gegen Hochwasserschutz sind angesichts des Anhaltens extremer Wettereignisse zu erwarten und auch notwendig.

Redaktion: Zuletzt gab es starke Diskussionen um den geplanten Abriss des Finanzamts in Saarbrücken. Wurde das Landesdenkmalamt in dieser Frage übergangen? Ist eine Sanierung und Umnutzung in Ihren Augen auch wirtschaftlich möglich?

Simon Matzerath: Das Finanzministerium hat Ende 2023 den Antrag zum Abriss des Finanzamtes gestellt. Daraufhin hat das Landesdenkmalamt wiederholt zusätzliche Unterlagen erbeten, die einen Abriss des noch bis 2022 als Bürogebäude genutzten Denkmals begründen bzw. dessen Erhalt als unzumutbar nachweisen könnten – jedoch ohne Erfolg, weswegen das Landesdenkmalamt bislang keine Entscheidung für oder gegen einen Abriss des Gebäudes treffen konnte. Das Kultusministerium hat als oberste Denkmalschutzbehörde dem Landesdenkmalamt als entscheidende Fachbehörde schließlich die Zuständigkeit entzogen und dem Abrissantrag Anfang Juli 2024 zugestimmt.

Eine Sanierung und Umnutzung des Gebäudes wird seitens des Landesdenkmalamtes, auf Basis der uns vorliegenden Informationen und Unterlagen, für durchaus möglich und sinnvoll erachtet. Um zu beurteilen, ob das wirtschaftlich realistisch ist, müssten uns unter anderem alle erforderlichen Gutachten vorliegen und eine konkrete Entwicklungsplanung für das Gebäude stehen. Andererseits sind uns keine Berechnungen bekannt, die Potenziale eines Abrisses gegenüber einer Sanierung belegen. Der Standort ist städtebaulich von großer Bedeutung, das Denkmal kann hierbei im Gegensatz zu einem architektonisch möglicherweise geringerwertigen Neubau punkten. Der 1949-1952 nach Entwurf von Regierungsbaurat Walter Wundrack errichtete Bau ist zudem, als einer von lediglich drei realisierten Großbauten, Zeugnis der französischen Städtebauplanung für Saarbrücken nach 1945.

Der Wiederaufbauplan von Georges-Henri Pingusson, welcher nachweislich auch an der Planung des Finanzamtes beteiligt war, sah eine völlige Neuordnung des Stadtkörpers nach modernen städtebaulichen Prinzipien vor. Der Plan scheiterte letztlich jedoch an den Bodeneigentumsverhältnissen, an der Finanzierbarkeit und an Widerständen aus Bevölkerung und Politik.

Redaktion: Die Debatte Abriss oder Sanierung kommt regelmäßig auf - wie kann die Denkmalpflege hier einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten?

Simon Matzerath: Denkmalschutz und Nachhaltigkeit schließen sich nicht aus – im Gegenteil: Bei der Instandsetzung historischer Gebäude werden in der Regel möglichst natürliche und beständige Baumaterialien aus der Region verwendet – das schützt nicht nur die Umwelt, sondern auch die Ressourcen. Historische Gebäude werden teilweise über Jahrhunderte genutzt und damit auch die in den Bauten gebundene Energie. Diese sogenannte graue Energie rückt, auch angesichts herausfordernder energetischer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte, immer mehr in den Fokus. Gerade die Denkmalpflege sucht mit dem Erhalt wertvoller Bausubstanz die Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung zu intensivieren und auszubauen.

Redaktion: Worauf freuen Sie sich auf der Jubiläumsausgabe der denkmal im November besonders?

Simon Matzerath: Nach aktuellem Planungsstand wird das Landesdenkmalamt Saarland auf der Messe in Leipzig sicher vertreten sein. Wir freuen uns auf neue Impulse und den Austausch auch jenseits der bestehenden Netzwerke.

Das ehemalige Finanzamt in Saarbrücken. Foto: Landesdenkmalamt Saarland, Marco Kany
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