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Gemeinsamer Appell für einen wirksamen nationalen Katastrophenschutz von Kulturgut
Das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz (DNK), der Verband der Restauratoren (VDR) und die Deutsche Gesellschaft für Kulturgutschutz (DGKS) verabschiedeten am 25. November 2022 auf der denkmal einen gemeinsamen Appell, in dem sie eindringlich auffordern, den Schutz von Kulturgut im In- und Ausland im Katastrophenfall dauerhaft zu priorisieren.
Anlässlich der denkmal 2022, der Europäischen Leitmesse für Denkmalpflege, Restaurierung und Altbausanierung, appellieren die unterzeichnenden Fachinstanzen an die zuständigen Ministerien, für einen wirksamen nationalen Katastrophenschutz für unser gebautes und mobiles Kulturerbe zu sorgen.
Der Schutz von Kulturgut als Zeugnis der kulturellen Geschichte und Identität von Menschen und Nationen zählt zu den formulierten Staatszielen und ist eine wichtige Aufgabe der Kulturpolitik. Ein vertieftes Verständnis der enormen Gefährdungen des Kulturgutes durch den Klimawandel und die Anerkennung der Potentiale des kulturellen Erbes als materielle und identitätsstiftende humanitäre Ressource sind für seine Rettung in der Krise elementar, auch um nach Katastrophen den Wiederaufbau für die Gesellschaft leisten zu können.
Brände, Wasserschäden und Havarien. Erdbeben, Terror und Unwetter. Katastrophen wie diese stellen eine ständige Gefahr auch für das Kulturerbe dar. Gebautes Erbe ist hiervon genauso betroffen wie bewegliches Kulturgut. Die Extremereignisse sind nicht neu, rücken jedoch durch die jüngsten Ereignisse stärker ins Bewusstsein jedes Einzelnen. Die Folgen der verheerenden Flut in Teilen West- und Süddeutschlands sind allen noch gegenwärtig. Die tiefen Wunden vor allem im Ahrtal lassen sich nur langsam heilen. Es gibt dort – auch für Restaurator:innen, Denkmalpfleger:innen, Architekt:innen und weitere Kulturerbespezialist:innen – wohl für Jahrzehnte viel zu tun.
Vor dem Hintergrund des deutlich spürbaren Klimawandels wächst die Bedeutung von Vorsorgestrukturen für den Ernst- und Katastrophenfall. Diese müssen für den Schutz und Erhalt unseres gebauten und beweglichen Kulturerbes dringend geschaffen werden. Kräfte müssen gebündelt und Parallelstrukturen vermieden werden. Hierfür bedarf es einer stärkeren Vernetzung von Kulturerbespezialist:innen, Restaurator:innen, Denkmalpfleger:innen, Fachhandwerker:innen mit den Behörden und Organisationen, die Sicherheitsaufgaben im Bereich Kulturgutschutz innehaben.
Für eine effektive Soforthilfe elementar ist der Aufbau einer zentralen bundesweiten Schnittstelle. So können Akteure besser koordiniert und vorhandene Kapazitäten gebündelt und abgerufen werden.
Vorhandene Kompetenzen in Deutschland müssen zwingend ermittelt und in einem Team von Expertinnen und Experten zusammengebracht werden. Nur so kann ein Mechanismus für die schnelle Hilfe zum Schutz und Erhalt von Kulturerbe in Krisensituationen entwickelt werden.
Grundlegend für ein Gelingen ist der gegenseitige Wissenstransfer zwischen Kulturgutbewahrern und Gefahrenabwehr (Feuerwehr, THW und ggf. Militär) durch Schulungen. Gut ausgebildete, handlungssichere Entscheidungsträger aus unterschiedlichen Bereichen müssen benannt werden und abrufbar sein.
Neben Entscheidungsträgern und Personal brauchen wir überdies sowohl Konzepte für den Schutz und die Bergung von mobilem Kulturgut, als auch für den präventiven Schutz des immobilen baulichen Erbes sowie für die Bewahrung vor seiner Zerstörung durch Abriss im Falle der Beschädigung.
Die Notfallverbünde haben sich zu einer tragenden Säule im Schutz für das kulturelle Erbe in Deutschland entwickelt. Sie in ihrem Bemühen zu stärken und die Zahl der Notfallverbünde in der Gesamtfläche der Bundesrepublik weiter auszubauen und zu verstetigen, muss ein weiteres zentrales Ziel der Notfallvorsorge sein.
Die Ausstattung mit Material, Geräten, aber auch mobilen Arbeitsplätzen ist für die Erstversorgung von havariertem Kulturgut elementar und grundlegend erforderlich. Der Abrollcontainer Kulturgutschutz des Kölner Notfallverbundes hat sich 2021 als nachhaltiges Kulturgut-Rettungssystem erwiesen. Um auch in Zukunft reaktionsfähig zu sein, ist die Anschaffung weiterer Container im Bundesgebiet aus unserer Sicht dringend zu empfehlen.
Als Fachexperten sehen wir zudem die Notwendigkeit, Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten und gerade auch kleineren und mittleren nichtstaatlichen Institutionen, Kirchen und Privateigentümern Wissen und Personal zur Notfallversorgung und zum Wiederaufbau bereitzustellen.
Gemeinsam appellieren wir eindringlich, konsequent an der Umsetzung der vorgenannten Ziele weiterzuarbeiten und den Schutz von Kulturgut im In- und Ausland im Katastrophenfall dauerhaft zu priorisieren.
Ein wirksamer Kulturgutschutz im Katastrophenfall lebt von durchdachter Vorsorge.
Wir fordern daher:
1. ein bundesweites Krisen- und Risikomanagement
2. stärkere Vernetzung der kulturgutschützenden Berufe mit den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben im Bereich Kulturgutschutz
3. den Aufbau einer zentralen Schnittstelle für Deutschland zur besseren Koordinierung der Akteure
4. die Schulung und Bereitstellung von Personal
5. die bessere Integration der Anliegen von Kulturgutschutz in den Katastrophenschutz durch Benennung von „Fachberater:innen Kulturgutschutz“
6. die Anschaffung von Ausrüstung zur Erstversorgung von havariertem Kulturgut (Material, Geräte, mobile Arbeitsplätze)
7. die Unterstützung von Hilfe zur Selbsthilfe
Als Fachinstanzen versichern wir aktiv am Aufbau von Strukturen mitzuwirken, welche die Gefährdung des kulturellen Erbes im Notfall eingrenzen können.
Leipzig, den 25.11.2022
Erstunterzeichner:
Verband der Restauratoren (VDR)
Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz (DNK)
Deutsche Gesellschaft für Kulturgutschutz (DGKS)
Gern können weitere Institutionen mitzeichnen. Melden Sie sich bitte unter dnk@bkm.bund.de
Quelle: Deutsches Nationalkomitee für Denkmalschutz (DNK)