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Leipziger Denkmalstiftung: Mit vereinter Kraft und breitem Einsatz
Die Leipziger Denkmalstiftung setzt sich seit elf Jahren für den Erhalt von Baudenkmalen in Mitteldeutschland ein. Zu den Vorzeigeprojekten der Stiftung zählt der Denkmalradar – eine Plattform, die gleichermaßen gefährdete Denkmale und beispielhafte Rettungskonzepte vorstellt. Über den Denkmalradar, zahlreiche weitere Projekte und die Ansätze, junge Menschen für den Denkmalschutz zu begeistern, haben wir mit dem Vorsitzenden der Leipziger Denkmalstiftung Andreas Hirt gesprochen.
Redaktion: Was sind die Ziele und Aufgaben der Leipziger Denkmalstiftung?
Andreas Hirt: Wir wollen Lust auf Denkmalpflege machen! Wir unterstützen Eigentümer und Kommunen beim Erhalt ihrer Baudenkmale. Die Leipziger Denkmalstiftung wurde im Jahr 2010 auf Initiative des Stadtforums von Privatpersonen, Vereinen und Unternehmen gegründet, mit dem Ziel, den Verlust historischer Bausubstanz in Mitteldeutschland zu stoppen und das Bewusstsein der Bürger und Behörden für die Bedeutung von Baudenkmalen zu stärken.
Um bedrohte Baudenkmale sichtbar zu machen, haben wir auf der denkmal 2014 das Denkmalradar ( www.denkmalradar.de ) vorgestellt. Wir wollen damit gleichzeitig Mut machen und zeigen, wie Andere bereits Probleme bei der Denkmalerhaltung gelöst haben. Daher kann dort jeder neben gefährdeten Denkmalen auch beispielhafte Erhaltungs- und Sanierungskonzepte einstellen. Ein weiterer Fokus ist das Vernetzen von Experten, Denkmaleigentümern und Interessierten. Dabei fördern wir bauhistorisches Engagement und nachhaltige Stadtentwicklung. Schließlich haben unsere Projekte in der Kinder- und Jugendarbeit das Ziel, bei den Jüngeren Verständnis, Engagement und Lust auf gebaute Geschichte zu wecken.
Redaktion: Wie viele Mitglieder engagieren sich ehrenamtlich in der Leipziger Denkmalstiftung und was sind deren Betätigungsfelder?
Andreas Hirt: Der Förderverein der Leipziger Denkmalstiftung zählt derzeit 46 Mitglieder, welche in unterschiedlichen Arbeitsgruppen aktiv sind. Die AG Öffentlichkeitsarbeit kümmert sich neben der Kommunikation der Stiftung und des Fördervereins auch um Veranstaltungen für den Gebäudeerhalt zu Anlässen wie dem Tag des offenen Denkmals oder auf themenbezogenen Messen wie der denkmal, bei der wir immer wieder gerne mit einem Stand präsent sind. Die Arbeitsgruppe veranstaltete 2016 auf der Messe ein Forum zum Thema „Denkmalpflege – Verhinderer oder Förderer?“, welches auf reges Interesse stieß. Die AG Denkmalradar hat das bereits beschriebene denkmalradar geschaffen. Dieses soll mittelfristig zur zentralen Onlineplattform der Denkmalpflege in Mitteldeutschland ausgebaut werden.
Seit mittlerweile 3 Jahren engagiert sich die AG Kinder- und Jugendarbeit durch Angebote für den Sommer- und Winterferienpass. Begleitet werden kindgerechte Veranstaltungen mit eigens entworfenen Bastelbögen von historischen Gebäuden. Mit den Bastelaktionen werden nicht nur die Feinmotorik gestärkt und das logische Denken gefördert, sondern auch spielerisch die Historie zu den einzelnen Gebäuden erzählt. Auf dieser Grundlage konnten wir in diesem Jahr unsere erste Bastelkonferenz mit unseren Bastelhelden durchführen. Die Stiftung arbeitet dabei im Rahmen des Projekts "PEGASUS – Schulen adoptieren Denkmale" mit Schulen und Jugendlichen zusammen.
Die AG Spinnmühlen setzt sich für den Erhalt der vom Verfall und Abriss bedrohten technischen Baudenkmale ein. Weitere Arbeitsgruppen sind die AG Aktionen, die ehrenamtliche Arbeitseinsätze organisiert sowie Wissen und Handwerk vermittelt für Gebäude, die weder durch private noch durch staatliche Hand in Stand gesetzt werden können. Die AG Medien wiederum spricht mit der Entwicklung und Produktion von Kurzfilmen ein möglichst junges Publikum an, vornehmlich, um das Thema Denkmalschutz und Ehrenamt unterhaltsam zu vermitteln. Schließlich leistet die AG Notrettungsfonds kurzfristig dringende Hilfe für gefährdete Gebäude.
Redaktion: Was konnte die Leipziger Denkmalstiftung in den vergangenen elf Jahren mit ihrem gemeinnützigen Einsatz erreichen?
Andreas Hirt: Als greifbare Erfolge würde ich unseren Beitrag zur Rettung des Kontorhäuschens im Leipziger Stadtteil Plagwitz, zum Erhalt der Mandaukaserne in Zittau sowie unseren Einsatz für die Villa Hasenholz hervorheben. Die Notrettung des Kontorhäuschen im Jahr 2012 durch den Förderverein der Leipziger Denkmalstiftung, gemeinsam mit dem Amt für Stadterneuerung, der Stiftung „Ecken wecken“ und der Initiative Bürgerbahnhof Plagwitz hat zum Erhalt eines wichtigen Stückes Industriegeschichte im Leipziger Westen beigetragen. Bei der Zittauer Mandaukaserne drohte mit dem Einsturz eines einzelnen Turms das Schicksal des gesamten Baudenkmals besiegelt zu sein. Aus unserem Notrettungsfond konnten wir mit einem kleinen Geldbetrag die Grundlage für weitere Förder- und Spendengelder legen, die eine Sicherung des Turms ermöglichte. Durch ehrenamtliche Arbeitseinsätze des Fördervereins der Leipziger Denkmalstiftung konnte die Villa Hasenholz zu neuem Leben erweckt werden. Auf Grundlage einer historischen Befunduntersuchung wurden die historischen Kolonnaden wieder hergerichtet, eines der herausragendsten Bauteile des Objektes. Im historischen Saal wurde die Orchestermuschel freigelegt und die schönen Deckenmalereien im Rahmen des „Social-Days“ wieder freigewaschen.
Durch die Wanderausstellung unter dem Motto „Umnutzung ist machbar“ konnten wir die Bedeutung sächsischer Spinnmühlen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Ausstellung wurde im Jahr 2020 bisher in Dresden- Hellerau, Freiberg, Limbach-Oberfrohna, Schlettau, Flöha und Niederwiesa begleitet von Vorträgen präsentiert. Stolz sind wir auch auf die Entwicklung des Denkmalradars. Jeder kann hier mitmachen und gefährdete Denkmäler sowie gelungene Beispiele für den Erhalt von Baudenkmalen aus ganz Mitteldeutschland in die Datenbank einpflegen.
Als letztes möchte ich unser Engagement in Zeitz erwähnen. Die Stadt Zeitz war ein Synonym für den Verfall. Baudenkmale wurden als „Schandflecken“ abgerissen, um Flächen für Parkplätze zu schaffen. Die historische Innenstadt drohte zu verschwinden. Kennzeichnend war die destruktive Stimmung in der Bevölkerung. Unsere Aufgabe ist hier, die Potenziale der identitätsstiftenden Baudenkmale aufzuzeigen. Wir haben ein Treffen mit Aktiven der Immobilien- und Kulturwirtschaft aus der Region organisiert, um die Möglichkeiten der Revitalisierung der Innenstadt aufzuzeigen. In zahlreichen Gesprächen und Veranstaltungen war ich überrascht von der Kreativität vieler Kultur- und Denkmalinteressierter. Die neue Stadtverwaltung begleitet nun den Wandel. Zeitz steht inzwischen als Vorzeigestadt für den Mut, die eigene Geschichte selbst in die Hand zu nehmen.
Redaktion: Wie sind Sie persönlich zum Ehrenamt gekommen?
Andreas Hirt: Als Architekt bin ich mit meinem Dresdner Büro auf die Sanierung von Baudenkmalen spezialisiert. 2012 wurde ich beim Rundgang über die denkmal auf die Leipziger Denkmalstiftung aufmerksam und war angetan von der Möglichkeit, einen eigenen Beitrag zum Erhalt von Baudenkmalen zu leisten. Einen besonderen Reiz sehe ich vor allem im Austausch mit Gleichgesinnten. Über die Stiftung lerne ich ständig interessante Menschen kennen, die sich im Denkmalschutz engagieren oder die hinter einzelnen Denkmalen stehen. Der fachliche Austausch mit anderen Experten in der Denkmalpflege ist eine große Bereicherung für mich. In der Gemeinschaft der Denkmalstiftung kann ich größere Ziele angehen, als dies durch meine projektbezogene Arbeit im Architekturbüro möglich ist.
Redaktion: Wo sehen Sie die größten künftigen Herausforderungen hinsichtlich der ehrenamtlichen Arbeit der Stiftung?
Andreas Hirt: Eine große Herausforderung ist sicherlich, Menschen für unsere Arbeit zu begeistern. Heute bietet sich eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich zu engagieren. Denkmalpflege hat hier einen schweren Stand, gilt als eher rückwärtsgewandt und unflexibel bewahrend. Ich finde hingegen die Geschichten spannend, die sich in den historischen Gebäuden ausdrücken und die wir fortschreiben können. Ich liebe es, in alte Häuser zu steigen und mir vorzustellen, wie das Leben früher darin war und wie ein neues Leben darin aussehen könnte. Dies möchten wir nach außen tragen und damit mehr Mitstreiter für unsere Arbeit finden. Ich hoffe durch mein Engagement mehr Menschen, vor allem jüngere, für die Denkmalpflege begeistern zu können. Dazu sehe ich das Denkmalradar, Social Media oder das Storytelling, bei dem die Geschichten hinter den historischen Gebäuden lebendig werden, als geeignete Formate an.
Das Wichtigste ist meiner Meinung nach die Sinnhaftigkeit der Arbeit, die wir täglich machen. Denkmalpflege ist identitätsstiftend, zeigt auf, wo wir herkommen und stellt die Frage, wie wir mit diesen Zeugnissen der Geschichte Zukunft gestalten können. Dies erfordert Kreativität, Offenheit und Sensibilität. Ich merke, dass viele Menschen Lust haben, hier etwas zu bewegen. Dabei muss ein ehrenamtliches Engagement nicht immer zeitaufwendig sein. Schon kleine Beiträge, wie ein Eintrag in das Denkmalradar, helfen hier spürbar weiter.
Redaktion: Ganz allgemein gefragt: Warum ist insbesondere das Ehrenamt in Hinblick auf die Erhaltung und Bewahrung historischer Bauwerke so wichtig für das Gemeinwesen?
Andreas Hirt: Denkmalpflege lebt vom Ehrenamt! Die staatliche Denkmalpflege sieht inzwischen auch, dass der Erhalt unserer gebauten Kulturlandschaft nur durch das Engagement vieler ehrenamtlicher Akteure zu leisten ist und bietet im Rahmen ihrer Möglichkeiten Unterstützung an. So haben sich eine Vielzahl von Vereinen mit der Absicht gegründet, den Erhalt und die Wiedernutzbarmachung wertvoller Bauten zu fördern. Für die staatliche Denkmalpflege steht das öffentliche Interesse am Erhalt der Denkmale im Vordergrund. Für die Ehrenamtlichen hingegen besteht häufig ein eher lokales, die eigene Geschichte und Vorlieben betreffendes Interesse im Fokus, das gemeinschaftliche Eintreten für eine identitäts- und sinnstiftende Sache.
Wir haben uns als Denkmalstiftung daher zur Aufgabe gemacht, die lokalen oder für eine bestimmte Baugattung eintretenden Initiativen in Mitteldeutschland zu vernetzen und zu bündeln, damit das bürgerschaftliche Engagement eine stärkere Stimme bekommt. Wir bieten dazu unsere Erfahrung und Struktur an.
www.leipziger-denkmalstiftung.de
Foto: Andreas Hirt (Leipziger Denkmalstiftung)