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27.09.2022 denkmal

Prof. Dr. Thomas Drachenberg: „Der Bausubstanz in Brandenburg geht es so gut wie nie!“

In unserer Rubrik „Denkmalschutz in Deutschland“ sprechen wir mit den deutschen Landeskonservatorinnen und Landeskonservatoren über ihre Arbeit, die aktuelle Situation in ihren Bundesländern und die größten Herausforderungen. Für diese Ausgabe haben wir mit Prof. Dr. Thomas Drachenberg, Landeskonservator und stellvertretender Direktor im Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseum, gesprochen. Er berichtete uns von der überaus positiven Entwicklung in seinem Bundesland, dem Erhalt der Industriekultur und der angespannten Personalsituation.

Redaktion: Wie würden Sie Ihre Arbeit und deren Bedeutung einem Außenstehenden erklären?

Prof. Dr. Thomas Drachenberg: Wir von der Denkmalpflege helfen das wertvolle aus der Vergangenheit zu erkennen, zu erfassen und zu pflegen und zu erhalten. Der Job eines Landeskonservators ist es, diese Arbeit zu koordinieren, die eigenen Fachleute in schwierigen Fällen zu unterstützen und auch die Eigentümer:innen von Denkmalen zu motivieren. Darüber hinaus muss ich mehrere Fremdsprachen beherrschen: Die der Politik, der Architektenschaft und vieler anderer Spezialdisziplinen und der Öffentlichkeit, um möglichst barrierefrei zu verdeutlichen, dass es ohne Vergangenheit keine Zukunft gibt und dass die authentische Substanz das Denkmal ist, nicht das Abbild!

Redaktion: Wie ist die aktuelle Situation der Denkmallandschaft in Brandenburg und was hat sich in den letzten Jahren verändert?

Prof. Dr. Thomas Drachenberg: Nach über 30 Jahren städtebaulicher Denkmalpflege geht es der Bausubstanz in den Städten im Land Brandenburg so gut wie nie – das ist nach dem überwiegenden Verfall zu DDR-Zeiten eine große Gemeinschaftsleistung. Die Stadt- und Dorfkirchen sind zu 70 Prozent ebenfalls gerettet worden. Wir haben seit 1989 keinen Abriss einer Kirche gehabt – obwohl es manchmal nur ganz knapp war. Wir widmen uns natürlich nicht nur sakralem Kunstgut. Bei den Gärten macht uns immer mehr der Klimawandel zu schaffen, da geht derzeit viel vor allem in den kleinen Gärten verloren. Unser Augenmerk liegt verstärkt auch auf der Technischen Denkmalpflege. Wir erfassen gerade, mit großzügiger Unterstützung vom BKM, zusammen mit Sachsen die Industriekultur in der Lausitz, wo der Strukturwandel in vollem Gange ist. Ein weiteres Thema ist schon seit einigen Jahren die baubezogene Kunst aus DDR-Zeit, die wir nun in einigen Städten systematisch erfassen. Auch hier ist in der Vergangenheit, teils aus Missachtung dieser Zeitschicht, teils aus Unkenntnis, vieles verloren gegangen. Aus diesen Erkenntnissen heraus entwickeln wir mit den Eigentümer:innen Konservierungskonzepte und können auch bei der Finanzierung helfen.

Redaktion: Was war bisher die größte Herausforderung, die Sie mit Blick auf die Denkmallandschaft beschäftigt hat, und auf welchen Projekten liegt derzeit Ihr Hauptaugenmerk?

Prof. Dr. Thomas Drachenberg: Seit 2000 mussten wir über viele Jahre hinweg einen Personalabbau um ein Drittel unserer Arbeitskraft hinnehmen. In diesem Notbetrieb entstanden Verluste – am Denkmal und auch an Energie bei unseren Fachleuten. Wir hatten mittlerweile wieder leichte Zuwächse im Personalbereich, aber die Grundständigkeit des Personalbestandes im Verhältnis zu den wachsenden Aufgaben ist noch nicht erreicht.

Redaktion: Wenn Sie im Rahmen Ihrer Tätigkeit einen Wunsch frei hätten, welcher wäre das?

Prof. Dr. Thomas Drachenberg: Erhaltung, Pflege, Wartung – wenn diese zur DNA der Denkmalpflege gehörenden Prinzipien auf unseren gesamten Baubestand übertragen werden. Nicht nur mit dem Einsparen an Grauer Energie könnten wir dann wirklich als Gesellschaft einen nachhaltigen Beitrag leisten.

Foto-WG
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